Freitag, 15. Januar 2010

Wissenschaftstheorie und Klimaskepsis

Diskussionen über den Klimawandel treiben mich häufig zur Verzweiflung. Sowohl in den Medien als auch in meinem privatem Umfeld begegnen mir oft Sätze wie: "Ich glaube nicht an den Klimawandel!" oder "Das ist doch gar nicht bewiesen!".

Das eklatante Unwissen über Wissenschaft, das in solchen Sätzen zutage tritt, ist für mich bestürzend. Deshalb hier ein kurze Abhandlung über Wissenschaftstheorie.

Ich will hier Wissenschaftstheorie in einfachen kurzen Sätzen und ohne Philosophischen Firlefanz aufzeigen. Hier also die Grundlagen des Wissenschaftsbegriffs in (meinen eigenen) Stichpunkten:


Wissenschaft ist eine Anleitung zum Erkenntnisgewinn!

Um Wissen zu erlangen ist es nötig nachvollziehbare Beobachtungen zu machen und diese zu Dokumentieren.

Aus diesen nachvollziehbaren Beobachtung (z.B. Versuchen) und seinem Vorwissen entwickelt eine Wissenschaftlerin (oder eine Gruppe von Wissenschaftlern) eine Theorie.

Eine (gute) Theorie beschreibt die Beobachtungen und ist zudem in der Lage Vorhersagen für weitere aus der Theorie folgende Beobachtungen zu machen und neue Erkenntnisse zu ermöglichen.

Die Wissenschaftlerin versucht sodann Widersprüche in ihrer Theorie zu entdecken in dem sie z.B. die Vorhersagen ihrer Theorie mit weiteren Beobachtungen zu wiederlegen versucht.

Ist eine Wissenschaftlerin der Meinung, dass ihre Theorie den Versuchen sie zu widerlegen widersteht, veröffentlicht sie diese Theorie, damit weitere Wissenschaftler ihr bestes geben können um die Theorie zu widerlegen.

Findet sich ein Wiederspruch zu der Theorie wird versucht herauszufinden ob dieser die Theorie umwirft.

Das muss nicht unbedingt so sein. Um so besser eine Theorie bisher den Versuchen sie zu einem Widerspruch zu führen widerstanden hat um so mehr wird man versuchen diesen Widerspruch zu klären. Aus diesen Versuchen kann viel neuer Erkenntnisgewinn entstehen.

Beispiel: Eine Theorie besagt: Alle Schwäne sind weiß. Ein Forscher reist irgendwann nach Südafrika und trifft dort auf schwarze Schwäne. Dies wirft vielerlei Fragen auf. Sind diese Vögel Schwäne? Muss ich meine Theorie anpassen (z.B. Europäische Schwäne sind weiß). Oder muss ich sie einfach ganz fallen lassen?

Beispiel: Die Newtonsche Mechanik beschreibt die Bewegung von Körpern unserer direkten Erfahrung nach vollkommen korrekt. Die Taumelbewegung des Planeten Merkur jedoch ist nicht mit der Newtonschen Mechanik erklärbar. Ist deswegen die Theorie schlecht? Nein, sie versagt nur bei bestimmten Randbedingungen wie hoher Geschwindigkeit. Hier reicht die Newtonsche Mechanik zur Beschreibung also nicht mehr aus. Sie wird erweitert durch die Relativitätstheorie.

Die Relativitätstheorie ist genauer als die Newtonsche Mechanik aber die Vorhersagen beider Theorien über sich bewegende Objekte sind identisch wenn keine relativistischen Geschwindigkeiten (oder Massen) vorliegen!

Die Newtonsche Theorie der Mechanik ist also eine ausgezeichnete OBWOHL SIE NICHT NUR NICHT BEWIESEN IST SONDERN SOGAR WIEDERLEGT IST. Die Vorhersage, dass ein Ziegelstein aber wieder runterkommt wenn ich ihn nach oben werfe trifft jedoch auch ohne Beweis oft genug ein um ihm besser aus dem Weg zu gehen wenn man unter ihm steht.


Die Theorie die am besten Beobachtungen beschreibt, gute Vorhersagen trifft und sich am wenigsten widerlegen lässt wird zur akzeptiertesten Theorie um die von ihr beschriebenen Zusammenhänge zu Begreifen da Sie uns den größten Erkenntnisgewinn verspricht!

Man beachte folgendes.


In der Wissenschaft gibt es kein Glauben immer nur ein Zweifeln.
In der Wissenschaft gibt es keinen Beweis, höchstens einen Widerspruch
.

Was bedeuten nun die oben genannten Sätze "Das ist doch gar nicht bewiesen!" oder "Ich Glaube nicht an den Klimawandel!" in einem Wissenschaftlichen Sinn?

Die Theorie vom anthropogenen Klimawandel und die aus dieser Theorie von zahlreichen Wissenschaftlern entwickelten Modellrechnungen beschreiben die momentanen Beobachtungen besser als alle anderen Theorien. Da man diese Theorie über den anthropogenen Klimawandel schon eine Weile zu widerlegen versucht, kann man nun Feststellen, dass die aus den Modellen gemachten Vorhersagen der Beobachteten Entwicklung näher kommen als andere Theorien (Falls diese überhaupt Vorhersagen zulassen).

Die Theorie vom anthropogenen Klimawandel ist also DIE BESTE DIE WIR HABEN!

Man kann natürlich nun hergehen und sagen ich glaube nicht daran. Wenn man aber keine eigenen Beobachtungen hat die die Theorie widerlegen, interessiert dies niemanden und man sollte vielleicht besser den Mund halten.

Die Theorie, dass Tollwut zum Tode führt gilt als ziemlich anerkannt auch wenn tatsächlich eine kleine Zahl von Patienten überlebt. (*)

Manch ein Patient könnte angesichts einer so furchtbaren Diagnose eine Verweigerungshaltung einnehmen. Tatsächlich kann die Medizin (Wissenschaft) ihm nicht Beweisen das er bald sterben wird. Sie können ihm die Viren zeigen, sie können ihm auch frühere Fälle nennen. Nichts davon ist aber ein Beweis für seinen bevorstehenden Tod. Es gibt definitiv keinen Beweis dafür das er sterben wird.

Auch wenn er nicht daran glaubt und auch wenn er keine Beweise geliefert bekommen kann wird er höchst Wahrscheinlich an dieser Krankheit innerhalb weniger Tage zugrunde gehen. Ist leider so.

Er könnte sich aber auch vorher Impfen lassen. Da muss man aber auch nicht daran glauben und auch da gibt es leider keinen Beweis. Dennoch überleben fast alle die sich rechtzeitig Impfen lassen.

Was ich damit sagen will ist folgendes: Die Wissenschaftstheorie ist womöglich die größte Errungenschaft des Menschlichen Geistes. Eine Verweigerungshaltung gegenüber Wissenschaft schützt uns nicht vor den Auswirkungen der Ereignisse unserer Umwelt die die Wissenschaft versucht so gut wie möglich zu beschreiben.

Die Wissenschaft hat den Klimawandel nicht gemacht. Wir sollten aber die von der Wissenschaft gemachten Vorhersagen ernst nehmen. Eine bessere Erkenntnistheorie haben wir nicht. Auch wenn das was ich hier beschreibe, natürlich ein Idealbild der Wissenschaft ist, das leider von der Realität manchmal abweicht.

Gerade beim Beispiel Klimaforschung gab es leider Einflussnahme von Interessengruppen auf die Ergebnisse der Forschung. Diese Einflussnahme ist wohl in beide Richtungen vorgefallen.

Vor allem hat man hier versucht Erkenntnis und Wahrheitsfindung mit PR-Kampagnen zu bekämpfen und großen Erfolg gehabt. Man hat Argumente ins Feld geführt die in der Wissenschaft keine Bedeutung haben aber dem Unbedarften überzeugend erscheinen. Genau solche Argumente wie: "Es gibt keinen Beweis für den anthropogenen Klimawandel!". Diese Argumente unterbinden jetzt jede fruchtbare Diskussion (und machen mich, gelinde gesagt, etwas verstimmt).

Dabei hat man gleichzeitig aber noch etwas viel schlimmeres getan. Die beste Methode die wir Menschen haben um uns Wissen über unsere Umwelt anzueignen und Wahrheit von Lüge zu unterscheiden wurde in Misskredit gebracht. Misstrauen, Zynismus, Aberglaube und Fanatismus bestimmen die öffentlichen Debatten weit mehr als der Geist der Wissenschaft.

Das ist gerade heute, da wir vor unglaublichen Herausforderungen stehen, höchst beunruhigend und falls wir uns diese Entwicklung nicht entgegenstemmen werden die Entscheidungen diesen Herausforderungen zu begegnen von Massenbeeinflussung und Fanatismus bestimmt. Das hört sich bekannt an. Nur wenn wir uns dem entgegenstellen können wir einen Rückfall in die Barbarei verhindern, wie auch immer ihre neue Form aussehen mag.

(*) Die verschieden ausgeprägte Tollwut wird von Viren der Gattung Lyssaviren aus der Familie der Rhabdoviridae verursacht. (So die Beobachtung). Die Sterblichkeit liegt bei jenseits der 99%!

Wer also von einem Tollwütigen Tier gebissen wird könnte sich infizieren (Möglicherweise) und an (einer der bekannten Formen) der Tollwut (mit hoher Wahrscheinlichkeit) Sterben.

Zur Verabreichung der Impfung reicht der Verdacht. Ist der Beweis der Infektion erbracht ist es für eine Impfung zu spät.

Ob die Impfung wirkt hängt davon ab ob der Erreger einer der bekannten Formen der Rhabdoviridae ist.

Die Impfung entspringt also folgenden Theorien.
* Bei Kontakt mit einem Tollwütigen Tier besteht die Wahrscheinlcihkeit einer Übertragung des Virus und damit einer Infektion.
* Dieser Virus entstammt mit hoher Wahrscheinlichkeit einer bisher bekannten Viruspopulation.
* Durch vorbeugende Impfung kann mit einer hohen Wahrscheinlichket der sonst mit hoher Wahrscheinlickeit tödliche Krankheitsverlauf verhindert werde.

Soweit die Theorie. Wie sind also folgende Aussagen zu bewerten?
"Ich glaube nicht, dass ich die Tollwut habe! Beweisen Sie es mir!"
"Ich glaube nicht, dass eine Impfung hilft! Beweisen Sie mir das!"
"Ich glaube nicht, dass ich an´der Tollwut sterben werde! Beweisen Sie mir das!"

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen