Montag, 8. Februar 2016

Warum ignoriert der Westen die Kurdische Revolution in Syrien?

Vollkommen unbemerkt von den westlichen Medien und der Bevölkerung Europas entsteht mitten in der Syrischen Katastrophe etwas was uns allen eigentlich Hoffnung geben sollte. Im Norden Syriens im Gebiet Rojava, kämpft die Kurdische Minderheit um ihr überleben gegen den IS und die Regierung Erdogans die von Frau Merkel hofiert wird und die in allen Kurden Terroristen sieht.

Die Kurden in Syrien, die früher in 16 Parteien zersplittert waren, haben in den Gebieten die sie Kontrollieren einzigartigen Zusammenhalt bewiesen. Seit der Befreiung vom Assad Regime haben die Menschen die Kontrolle über ihr Schicksal selbst in die Hand genommen und eine antinationalistische Räterepublik ins Leben gerufen. Nach dem Vorbild der mexikanischen Zapatisten und den Visionen von Murray Bookchin und seiner sozialen Ökologie haben die Kurdischen Gebiete eine Organisation selbstverwalteter, dezentrale Gemeinden aufgebaut. Dabei wird in jeder Gemeinde auf ethnischen und geschlechtlichen Ausgleich geachtet. Die drei obersten Funktionäre jeder Gemeinde müssen Beispielsweise jeweils ein Kurde, ein Araber und ein Armenischer Christ sein wobei mindestens eine Frau eine der Positionen besetzt.
 
Ultimativ werden die Geschicke der Gemeinden von Vollversammlungen bestimmt. Frauenräte achten auf die Umsetzung der Gleichberechtigung. Neue Gerichte Verfolgen sexistisch motivierte Straftaten, feministische Aufklärung und Partizipation von Frauen sollen die Überreste der Patriarchalischen Strukturen überwinden.

Ausgerechnet im Umkämpten Syrien bahnt sich eine neue anarchistische Revolution an, die frappiernd der Spanischen Revolution gleicht. Nichts davon erfahren wir in den Medien. Die PKK wird immer noch als Terroristische Organisation eingestuft, obwohl sie sich in den letzten Jahren extrem gewandelt hat. Den seit 16 Jahren inhaftierten Anführer der Kurdischen Arbeiterpartei Abdullah Öcalan hat seine Haft verändert. In der neuen Lehre Öcalans sind die Ursache von Rassismus und Nationalismus die Nation, die Herrschaft und die Intoleranz. Öcalan hat sich vom Ziel des Kurdischen States abgewandt und sieht die Zukunft der Kurden in der autonomen Selbstverwaltung im Staatsgebiet der Türkei. Deutschland sollte daher seine Haltung zur PKK und den Kurden überdenken. Erdogan kann nur unter dem Vorwand "Terroristen" zu bekämpfen gegen die Menschen in den Kurdischen Gebieten Syriens vorgehen.

Die Türkei unter Erdogan führt im Moment einen einseitigen Vernichtungsfeldzug gegen die PKK und unterstützt den IS direkt und indirekt gegen die westkurdischen Revolutionäre, wie eine Studie der Columbia Universität unlängst zeigte. Die Türkei hat ein Embargo ausgerechnet gegen die Kurdischen Gebiete verhängt, die heute die einzigen verlässlichen Partner der Koalition gegen den IS sind. Ausserdem unterstützt Erdogan die Syrischen Al-Quaida Kämpfer (die Al-Nusra Front) und andere Dschihadsten und erwirkte dass die von ihm abhängigen kurdischen Peschmerga im Irak ebenfalls ein Embargo gegen die Kurden in Rojava verhängten. .

Ausgerechnet Erdogan soll nun helfen den Flüchtlingsstrom aus Syrien zu begrenzen. Die Türkei unter Erdogan ist heute eines der größten Hindernisse für einen Frieden in Syrien und ein Ende der Flucht. Erdogan bekämpft nicht den Terror sondern unterstützt offen die schlimmsten Terroristen der Region.

Trotz der Anschläge in Paris scheint der Westen nichts gelernt zu haben. Im kalten Krieg haben westliche Dienste jegliche progressive, sozialistische oder gemässigt linke Regierung im Mittleren Osten und Nahen Osten zerschlagen. Angefangen mit Mossadeq 1953 erstickte man den Keim des sozialen Wandels wo immer er auftauchte. Vor 1949 waren in vielen Gebieten in denen heute radikale Islamisten stark vertreten sind solche Gruppierungen Randerscheinungen. Zahlreiche dieser Gruppierungen konnten nur durch die Unterstützung und der Bewaffnung des Westens die Macht erringen die sie heute haben. Um die Gefahr eines internationalen Kommunismus zu bekämpfen war dem Westen keine Gruppierung zu radikal, so lange sie sich gegen Moskau instrumentalisieren liess.

Die Angst vor dem Widerstand gegen soziale Ungerechtigkeit und Ausbeutung und vor der Solidarität der Unterdrückten führte den Westen immer wieder an die Seite brutaler Diktatoren und radikaler Islamisten.

Wer den Kampf gegen den IS führen will ohne völlig Unglaubwürdig zu sein, der muss offen für diejenigen in der Region eintreten, die säkulare, feministische, tolerante, freiheitliche und demokratische Werte vertreten.

Im Beispiel Rojava zeigt sich wieder warum der globale Neoliberalismus die Fluchtursache Nr. 1 ist. Bewegungen wie die der Kurden stehen der Ausbeutung der Ressourcen und der Bevölkerung durch den Westen im Weg. Nur die Gefahr durch den IS hält den Westen (in diesem Falle vertreten durch das Nato Mitglied Türkei) davon ab, die demokratische Revolution in Rojava zu vernichten. Nur wenn die Menschen in Rojava unserer Aufmerksamkeit nicht entgleiten und die Augen der Weltöffentlichkeit auf die Region gerichtet sind, kann das Kurdische Experiment in Syrien überleben.

Anhang:
Sudie der Columbia Universität zu Türkei und IS in der Huffington Post.
FAZ - Artikel zur Einstufung der PKK als Terrororganisation

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